Portrait: Plamen Paskalev
1996 setzte man bei der RWG eine völlige Neuausrichtung um. Man wollte künftig auf die großen teuren internationalen oder auswärtigen Stars verzichten und verstärkt auf Eigengewächse und intensiviertes Training setzen. Als Stabilisator der neuen Staffel holte man den jungen Bulgaren Plamen Paskalev (*23. Juli 1975). Gleichwohl: Jener Paskalev hatte bei der Olympiade im gleichen Jahr für Furore gesorgt, als er den deutschen Mitfavoriten Alexander Leipold im Weltergewicht (74 kg) mit 8:4 Punkten aus dem Turnier geworfen hatte. Bei der Freistil-EM 1995 wurde er im Leichtgewicht (68 kg) Fünfter, bei der WM 1999 wurde er im Weltergewicht (76 kg) Siebter. Er trat immer im Freistil an.
Bei der RWG besetzte er das Mittel- und das Halbschwergewicht, in Ausnahmen auch das Schwergewicht. Er lebte von seiner Kraft, seiner Nervenstärke, die man schon fast als Bierruhe bezeichnen kann. Plamen war ein absoluter Leistungsträger. Bei den Fans war er außerordentlich beliebt. Er mischte sich gerne unter die Anhänger und hatte keinerlei Berührungsängste. Er wohnte in Königshofen und fühlte sich da offensichtlich pudelwohl. Fast täglich war er im Fitness-Studio von Peter Behl und Jürgen Frank anzutreffen.
Für ein Jahr wechselte Paskalev zum KSV Köllerbach. Denn nach der damaligen Ausländerregel durfte nur ein Ausländer ringen; und für Plamens Gewichtsklasse stand mit Felix Wissel ein fähiger Ringer zur Verfügung, während der andere Nichtdeutsche, Armen Mkrytschan, nicht gleichwertig zu ersetzen war. Trotzdem: Am Sonntag traf man den Plamen in Mömbris.
Er gab sich stoisch, war aber offensichtlich ein hoch intelligenter Mann und erstklassiger Kamerad. So kümmerte er sich um seine bulgarischen Ringerfreunde, z. B. um Krassimir Kotschev, den Schwergewichtler. Der hatte im DMM-Finale bei Luckenwalde ringend völlig überraschend gegen den Ringer-Rentner Sabejew (Schifferstadt) verloren. Dies kostete Luckenwalde den sicher geglaubten Titel. Auf die Frage an Paskalev, was sich sein Freund (Kotschev) wohl dabei gedacht hätte, antwortete Plamen:“Weißt du, keine bezahle, keine gewinne.“ Womit alles gesagt wäre.
Nach seiner Zeit bei der RWG ging Paskalev in die USA und arbeitet als Ringercoach an einer Universität.
Plamen Paskalev – der Kahlgründer auf Zeit.