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Kleine Ursache, große Wirkung – Die große Stunde des Reinhard Geis

12. Mai 2022

In dieser Rubrik geht es um längst vergessene Geschichtchen, die eigentlich unwichtig sind, die aber ein Schmunzeln oder einen kurzen gedanklichen Ausflug in die Vergangenheit bewirken.

In Prager wurden im Jahre 1618 zwei deutsche Reichsbeamte aus dem Fenster geworfen. Sie landeten unversehrt auf einem Misthaufen. Und wegen dieses eigentlich belanglosen Vorfalls brach der Dreißigjährige Krieg aus, in dem beinahe die Hälfte der deutschen Bevölkerung ihr Leben verlor. Und in Sarajewo wurde 1914 der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand von einem serbischen Fanatiker erschossen. Deshalb geriet Deutschland mit Russland, Großbritannien, Frankreich und den USA in einen mörderischen Krieg. In einem Altersheim in Hannover lagerte das Küchenpersonal eine Nachspeise mit rohen Eiern über zwei Tagen ungekühlt. Folge: Mehrere Senioren versterben. Salmonelleninfektion. Kleine Ursache – große Wirkung.Vielleicht ist wegen der folgenden Geschichte die RWG entstanden. Bilden Sie sich ihre eigene Meinung.

In der Saison 1977 war der KSC Germania Mömbris sehr angeschlagen. Die Leistungsträger Michael Faust und Rainer Volk konnten wegen langwierigen Verletzungen nicht mehr ringen. Langjährige Leistungsträger wie Alfred Hohm, Mehmet Avcilar, Bastel Brückner und Erhard Pfeifer kamen in der anspruchsvollen Liga aus Alters an ihre Grenzen. Auch Berthold Brückner war verletzt, stellte sich aber trotzdem in den Dienst der Mannschaft. Zudem hatten die beiden Besten, Michael Kuhn und Hassan Akyol, ihren Abschied zum Saisonende bekanntgegeben. Außerdem drohte der Abstieg. Im Kampf gegen den ASV Mainz-Laubenheim ging es um alles. Ein Sieg musste. Ansonsten war der Abstieg sicher. Definitiv.Im Halbschwergewicht traf Reinhard Geis auf Robert Baumgärtner. Der ehemalige Bretzenheimer war ein absoluter Leistungsträger. Und Geis komplettierte eigentlich nur die Staffel. Klar – das würde ein 0:4 geben. Der Kampfleiter gab den Kampf frei. Der Mainzer stürmte selbstbewusst noch vorne. Geis hielt mit nach vorne gestreckten Armen dagegen. Den Oberkörper nach unten gebeugt versucht er jeden Griffansatz seines Gegners zu vermeiden. Er weicht aus und wird nach vorne geschoben. Und er wird von der Matte geschoben. Mit strengem Blick ermahnt ihn der Kampfleiter. So geht das weiter. Der Mömbriser stellt sich zwar dem Kampf. Aber der Gästeringer ist kräftemäßig klar überlegen. Das temperamentvolle Kahlgründer Publikum feuert seinen Mann leidenschaftlich an. Und Geis, auf seine Abwehrarbeit konzentriert, landet mit den Füßen immer wieder außerhalb der Matte. Der Mattenleiter gibt Reinhard Verwarnungen, die erste, die zweite, die dritte! Dritte Verwarnung, das heißt Disqualifikation wegen Passivität. Geis zeigt sich zerknirscht. Er schüttelt den Kopf. Aber innerlich jubelt er. Sein Plan ist aufgegangen. Mit einer Wertung für den Mannschaftskampf mit 4:1 hat er verloren. Nicht 4:0, wie bei Schultersieg oder Disqualifikation mit einer technischen Wertung. Geis hat keine technische Wert zugelassen; deshalb nicht 0:4, sondern 1:4, aus der Sicht von Geis.

Im letzten Kampf des Abends traf Alfred Hohm auf den Mainzer Reusch. Hier gab es ähnliche Vorzeichen. Der Mömbriser war klar favorisiert. Der Mainzer hatte den Kampf von Geis gesehen und versuchte die gleiche Taktik. Aber er ging nach dem Geschmack des Mattenleiters zu schnell rückwärts. Nach einer halben Minute hatte der die Schnauze voll. Abbruch, Disqualifikation wegen Unsportlichkeit. Wertung: 4:0 für Hohm. Somit 21:20 für Mömbris. Und Klassenerhalt mit einem Punkt.

Kleine Ursache – große Wirkung – wieso? Einige Wochen später scheitert der SV Königshofen als Meister der Oberliga Hessen in den Aufstiegskämpfen an der KSG Schwalbach/Schwarzenholz (Saarland). Und im April 1978 gründen die Mömbriser und die Königshofener die RWG Mömbris-Königshofen. Welches Motiv hätte Königshofen zur Gründung einer RWG gehabt, wenn Mömbris in die Oberliga abgestiegen wäre. Und umgekehrt. Die Mömbriser wären in der Oberliga mit Sicherheit selbstständig geblieben. Dann hätten die Senioren bestimmt noch ein Jährchen angehängt. Und außerdem stand ein Reiner Heugabel in den Startblöcken.